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  • AutorenbildChristian Langer

Moskau ist kalt und wunderschön

Aktualisiert: 14. März 2019

Tag 1 - Moskau


Der erste Tag meiner Weltreise beginnt traurig. Der Abschied von Freundin und Familie fällt schwer. Trotzdem: Auf diesen Tag habe ich lange hingearbeitet, die Verabschiedung verläuft vorhersehbar und so beginnt nun mal eine jede Weltreise - mit einer gewissen Wehmut im Magen.


Um 7 Uhr morgens wartet Johannes, mit dem ich die ersten sechs Wochen im Zug verbringen werde, bereits vor der Haustür. Ein letzter Kuss, eine sehr lange Umarmung, viele Tränen und ein tolles Abschiedsgeschenk zeichnen anschließend meine letzte Begegnung mit Sophie.


Dann geht es aber los zum Memminger Flughafen. Klein ist er, wirkt mehr wie ein Prestigeobjekt eines Bauunternehmens und auf Grund der hohen Anzahl von russischen Fluggästen ist er auch schon das erste kleine Eintauchen in die russische Mentalität. Der Flug ist beeindruckend unspektakulär, ich habe das Gefühl, einer von maximal drei Deutschen in der Pobeda Maschine zu sein.


Bereits hier erregt meine Lederhose Aufsehen: Victoria, meine sibirische Sitznachbarin, eröffnet schnell das Gespräch. Sie arbeitet in der Personalabteilung eines Moskauer Versicherungsunternehmens und hat innerhalb von fünf Tagen Augsburg, Ulm und den Gardasee besichtigt. "Eine ganz andere Welt", erzählt sie stolz. Lederhosen hat sie schon einmal auf dem Oktoberfest gesehen, allerdings nur aus der Entfernung. Der Geruch und das Aussehen gefallen ihr am besten, aber "in Moskau holst du dir mit kurzer Hose den Tod!"


Na das wollen wir doch mal sehen: Ein Bus bringt uns vom Rollfeld zur Passkontrolle. Der russische Uniformierte mustert mich genau, lächelt und sagt die Worte, auf die ich mich schon seit Wochen gefreut hatte: "Welcome to Russia! You're gonna like it!"


Ein hochmoderner Airport Express bringt uns in einem prunkvollen Bahnhof und per U-Bahn erreichen wir die Lenin-Bibliothek. Der erste Eindruck von Moskau könnte nicht besser sein: Prunkvolle klassizistische Bauten spiegeln dar, was Moskau sein will, nämlich imposant, schön und demonstrativ mächtig. Allerdings auch ein wenig kalt, aber das muss man bei einer Reise in Lederhose aushalten. Unser Hostel liegt nur wenige Gehminuten vom Kreml entfernt und so folgt dem Check In ein ausgiebiger Spaziergang durch das Regierungsviertel.




Der Alte Arbat, eine ein Kilometer lange Fußgängerzone, ist eine der ältesten erhaltenen Straßen Moskaus. Hier tummeln sich zwischen Souvenirshops und Restaurants vor allem Straßenkünstler und Verkäufer in Tierkostümen. Zum Abendessen gehen wir in ein Restaurant, welches von einer russisch-asiatischen Minderheit geführt wird. Wir bestellen Vareniki, Maultaschen-ähnliche Teiglinge mit Fleisch- oder Gemüsefüllung. Auf jeden Fall empfehlenswert!


Zurück im Hostel lernen wir unseren Zimmernachbar Vazha aus Georgien kennen, der uns bei der Gitalele-Jamsession lauscht. Da wir beide unsere Rucksäcke leichter machen möchten, schenken wir ihm deutsche Schokolade, Schnupftabak, Schafkopfkarten und diverse Hygiene Artikel. Vazha, der als Handwerker nur über ein geringes Einkommen verfügt, freut sich über die Gastgeschenke und mittels Google Übersetzer und geringer Russisch-Kenntnisse verständigt man sich zumindest grundlegend. Die Lederhose gefällt ihm, er würde sie jedoch nicht tragen. "Aber der Gürtel liegt gut eng und sitzt auch Mitte" - das sagt zumindest Google. Mehr oder minder aussagekräftig.


Meine Lederhose weckt Interesse, ein wirkliches Gespräch kam jedoch noch nicht auf. Entweder lächeln die Russen über den merkwürdigen Typen, der bei Minus 3 Grad Celsius in kurzer Hose durch die Kälte flaniert, oder aber sie würdigen mich mit einem gewissen Argwohn.


Als Fazit zu Tag 1 lässt sich sagen: Moskau ist groß, kalt, viel befahren und wunderschön. Die Leute wirken grimmig, haben aber eine sehr freundliche Seele. Ich fühle mich pudelwohl und mit Johannes als Reisepartner kann vorerst nur wenig schiefgehen.




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