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  • AutorenbildChristian Langer

Jekaterinburg & Nowosibirsk - wenig zu sehen aber viel zu bieten


Ein typisches Straßenbild in Nowosibirsk. Foto: In Lederhosen um die Welt
Ein typisches Straßenbild in Nowosibirsk.

Der erste Morgen in Jekaterinburg stand unter keinem guten Stern. Wir hatten soeben unsere erste Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn hinter uns gebracht, Schlaf hatte ich jedoch keinen finden können. Knapp drei Stunden Halbschlaf im heißen und geruchsintensiven Platzkartny-Abteil, also der dritten Klasse des Zugs, hatten nur wenig Erholung mit sich gebracht. Bei 15 Grad unter Null machten wir uns vollgepackt auf den Weg zu unserem Hostel.


Als wir das Sechs-Bett-Zimmer betraten, stieg sofort ein beißender Geruch von Käsefüßen in die Nase, an der Wand sammelte sich der Schimmel und anstatt in der unsauberen Bettwäsche, zog ich ein Nickerchen in meinem Hüttenschlafsack vor.


Mittags zogen wir los, um die Stadt ein wenig zu erkunden. Zugegebenermaßen hat Jekaterinburg nur wenig Sehenswürdigkeiten, abgesehen von der Kathedrale auf dem Blut, welche an der Stelle errichtet wurde, an der die Zarenfamilie von der Roten Armee hingerichtet wurde. Jedoch wird alles versucht, Touristen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu bereiten. So sind historisch bedeutsame Gebäude mit speziellen Hinweisschildern bestückt. Leider ist die Anzahl der Tafeln deutlich höher als die der wirklich bedeutsamen Bauwerke. Beispielsweise darf man Tafeln bewundern, welche einem zweisprachig die Bedeutung eines ehemaligen Hotels erläutern, da dort einmal ein Schriftsteller eine Nacht hinter sich gebracht hatte.


Allerdings ist ein Spaziergang am Ufer des Isset eine wunderschöne Angelegenheit. Im Sommer sollte es jedoch noch mehr Spaß machen, da die Wege dann auch ohne nasse Füße bewältigt werden können. Keine nassen Füße bekommt man jedoch, wenn man in der Winterzeit den Stausee des Isset überquert. Eine wirklich tolle Erfahrung, die andere Flussseite ohne Brücke oder Boot zu erreichen.


Am nächsten Tag ging es erneut in die Stadt und in der Fußgängerzone entdeckte ich mein neuestes Lieblingsgericht: Kachapuri. Das sind kleine, georgische Hefeteignester, die mit Käse und einem Spiegelei gefüllt sind. Ein Traum!


Geheimtipp: Neben der Kathedrale auf dem Blute befindet sich eine kleine Holz-Kapelle. Eine kleine, weißhaarige Babuschka liefert einem so liebevoll erzählte Details, dass man gar nicht um eine kleine Spende umherkommt. Noch lieber hätte ich sie gegeben, wenn ich des Russischen mächtig wäre, und damit auch den Inhalt ihrer Details verstanden hätte. Aber süß war sie schon.


In Nowosibirsk, wo wir Tag 7 und 8 verbracht hatten, gestaltete sich sowohl die Hostel- als auch die Sightseeing-Gestaltung noch schwieriger:

Nachdem uns Google Maps zuerst an die falsche Adresse geschickt hatte, wurden wir auch beim zweiten Versuch nicht sofort fündig. Statt unserem Hostel stand da nur ein kleines Häuschen. Zu unserem Erstaunen wohnten wir diesmal unterirdisch, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.


Circa zehn Meter unter der Erde wurde aus einem alten Kellergeschoss (oder vielleicht auch ein Bunker) eine Übernachtungsmöglichkeit für viele reisende Handwerker, Kasachen, Georgier und zwei überbepackte Touristen aus Deutschland.



Das Hostel in Nowosibirsk.


In Jekaterinburg hatte ich diverse Souvenirs gekauft, konnte diese allerdings, nach einer schier endlosen Poststellen-Suche, nicht mehr dort versenden. Mit einem großen Rucksack, einem kleineren Daypack und einer großen Einkaufstüte beladen, stand ich also in Nowosibirsk und konnte mich der Tüte auch erst nach einem weiteren Spießrutenlauf entledigen.


Nowosibirsk hat quasi keine Sehenswürdigkeiten. Ein, zwei Museen, eine Lenin-Statue, und einen Zoo. Da unser Interesse an kultureller Bildung eher gering war, und die Lenin Statue schnell besucht ist, ging es deshalb weiter in den Tierpark.


Johannes hatte bereits im Zug recherchiert und freute sich auf den Liger. Diese Löwe-Tiger-Kreuzung ist auf der ganzen Welt sehr rar, in Nowosibirsk allerdings in vierfacher Ausfertigung zu betrachten. Das allein ist schon die 300 Rubel Eintritt wert.

Nach einer kurzem Suche kam allerdings die große Enttäuschung: Die Liger sind weg. Dafür können wir uns zumindest ein paar Eisbär-Babys, Löwen und Tiger ansehen.


Dafür bekam ich eine weitere meiner geliebten bizarren Begegnungen: Abends im Hostel frägt mich Iljia aus Rostow, der rein optisch auch niederbayerischer Bierwagenfahrer sein könnte, nach einer Zigarette. Gemeinsam stehen wir rauchend im Haus- bzw. Bunkereingang und kommunizieren via Google Translator. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht präsentiert er mit Nacktbilder aus einem Facebook-Chat. "Deine Freundin?", frage ich. Er zeigt mir ein weiteres Bild der vormals Nackten, diesmal mit einem Kind. "Siehst du die Ähnlichkeit? Das ist von mir. Die Blonde ist meine Frau." Auf meinen irritierten Blick fällt ihm wohl keine Antwort mehr ein, weshalb wir uns wieder nach unten begeben.


Im Nachhinein sind Jekaterinburg und Nowosibirsk keine Städte, die mit Metropolen wie Moskau oder St. Petersburg mithalten können, sie versprühen jedoch ihren eigenen Charme, der sie zu etwas ganz Besonderem macht.


Achja und in Nowosibirsk stießen wir durch Zufall auf ein deutsches Restaurant: Chris Roberts aus den Lautsprechern, Weinstephaner im Glas und Brezen auf dem Teller. Heimat in der Ferne.




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