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  • AutorenbildChristian Langer

"Grün, alles ist grün!" - Neuseelands Nordinsel Teil 1


Neuseeland Coromandel Halbinsel. Foto: Christian Langer
Ganz schön grün, oder? Nicht nachbearbeitet - ich schwör's!

"Grün. Alles ist grün. Und zwar so sehr, dass es unnatürlich aussieht. Wenn ich die Fotos zuhause vorzeige, wird jeder denken, dass sie nachbearbeitet sind." Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, als ich im Bus von Auckland nach Paihia sitze und die zahlreichen, malerischen Hügel beobachte, die vor meinem Fenster vorbeiziehen.


Aber zurück zum Anfang: Die Ankunft in Auckland ist keine leichte. Völlig verkatert und unter Schlafentzug leidend habe ich Denpasar morgens verlassen. Darauf folgen zwei schlaflose Flüge und ein achtstündiger Aufenthalt am Flughafen in Melbourne ohne Raucherbereich. Um fünf Uhr morgens bin ich dann in Auckland.


Da mein zuvor gebuchter Bus die Stadt um 13 Uhr verlässt, lohnt sich ein Nickerchen nun auch nicht mehr. Ich laufe vollbepackt durch die noch gähnend leere Innenstadt hinab zum Queens Pier. Bewaffnet mit der wohl teuersten Zigarettenschachtel meines Lebens (32 Neuseeland Dollar) und einem Burger King Kaffee erreiche ich rechtzeitig zum Sonnenaufgang den Hafen.



Auf den leeren Parkbänken neben mir sitzt nur ein Obdachloser und raucht einen Joint. Abdelkarim kommt aus Somalia und hat eine Zeit lang in Auckland auf Baustellen gearbeitet. Diese Arbeit wollen die Einheimischen nicht machen, ebenso wenig wie beispielsweise Früchte ernten. Deshalb gibt es auch viele Backpacker, die diese Arbeiten erledigen. Aber vom regelmäßigen Arbeiten hat Abdelkarim genug und hält sich nun mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Wir diskutieren über rechtsnationale politische Strömungen, deutsche Backpacker und italienischen Fußball.


Als die Sonne das tiefblaue Hafenbecken aufwärmt, verabschiede ich mich damit, ihm meinen indonesischen Drehpack zu schenken und wandere zurück in die Innenstadt. Nach einem ausgiebigen Frühstück, bei dem ich meinen sechsten Kaffee des Morgens zu mir nehme, vertreibe ich mir die Zeit mit Im-Park-Rumliegen und skype mit Sophie. Das verbessert meine Laune deutlich.


Darauf folgt meine vierstündige Busfahrt in den Norden Neuseelands. Die Landschaft ist wunderschön: Bereits beschriebene Hügel, kleine Küstenabschnitte und weidende Schafsherden. Ein kleines bisschen wie Irland mit schönerem Wetter. Mein Ziel Paihia ist eine kleine Küstenstadt in der Bay of Islands, einer Bucht, die wie der Name bereits sagt, zahlreiche kleine Inseln beherbergt. Als ich eintreffe, geht die Sonne über der Bucht unter, dieser Ausblick brennt sich in meinem Gedächtnis ein. Zwei Bier später komme ich dann endlich ins Bett, leider jedoch nicht allzu lange.


Ich habe nur einen vollen Tag und möchte eine Tour zum Cape Reinga, der Nordspitze der Insel, machen. Als ich eintrudelte, waren jedoch alle Büros bereits geschlossen und die Touren starten in der Regel um 7 Uhr morgens. Deshalb stehe ich frisch geduscht, aber immer noch müde, um 6:30 Uhr am Busbahnhof und ergattere den letzten freien Platz.


Ich hasse eigentlich Touren, aber in diesem Fall ist der Busfahrer witzig und hat einiges zu erzählen. Vielleicht ein bisschen zu viel, aber das Geld soll sich ja lohnen. Zuerst laufen wir durch einen kleinen, aber Tausende Jahre alten Wald. Danach bietet sich die Möglichkeit, auf einem Bodyboard eine der Te Pati Sanddünen hinunter zu brausen. Nach meiner Sanddünen-Erfahrung in der Mongolei verzichte ich jedoch dankend und quatsche lieber mit Fiona aus Deutschland.


Übrigens habe ich in keinem anderen Land der Welt jemals so viele Deutsche getroffen. Im Hostel ist es manchmal leichter, einfach gleich Deutsch zu reden, als auf Englisch die Konversation zu starten, nur um dann nach einigen Minuten zu erfahren, dass der Gegenüber aus Stuttgart stammt.


Kurz darauf erreichen wir Cape Reinga. Sophie hat mir jahrelang von diesem Ort vorgeschwärmt und ich bin nicht enttäuscht worden. Die Klippen brechen malerisch die harte Brandung, ein kleiner Leuchtturm erhebt sich über dem Ganzen und nicht weit entfernt treffen der Pazifik und die Tasmanische See schäumend aufeinander. Während der Großteil der Businsassen aufgeregt über die gepflasterten Wege trampeln, mache ich es mir auf einem kleinen Hügel gemütlich, höre Hendrix' "The wind cries Mary" und genieße die Umgebung.



Anschließend fahren wir auf einer offiziellen Straße auf dem Strand. Der Ninety-Mile-Beach ist zwar nicht wirklich 99 Meilen lang, groß ist er jedoch trotzdem und der Busfahrer versucht sich im Driften auf Sand.



Zurück in Auckland habe ich leider das günstigste aller Hostels gebucht und lande genau dort, wo ich nie hin wollte - in einem Partyhostel. Dort treffen sich überwiegend Europäer und Amerikaner zum Saufen. Nicht mein Ding. Ich fühle mich dort zum Trinken gezwungen und gehe lieber aufs Zimmer. Nummer 16 ist allerdings nicht ursprünglich als Zimmer geplant gewesen. Ein mannshoher Sicherungskasten brummt lautstark. Zwei provisorisch aufgestellte Ventilatoren verteilen den Elektrosmog in der kleinen Kammer mit zwei Stockbetten. Ich freue mich jedoch, allein im Zimmer zu sein. Bis zu dem Zeitpunkt, als ein schnarchender koreanischer Student das Bett neben mir bezieht.


Danke für Nichts, Auckland.

Am nächsten Morgen verlasse ich so schnell wie möglich das Hostel und hole mir einen Mietwagen. Ich habe zwar ein wenig Angst davor, auf der linken Seite zu fahren, diese stellt sich jedoch schnell als völlig unberechtigt heraus. Links-vor-Rechts und Kreisverkehre verlangen zwar anfangs hohe Konzentration, aber der Verkehr hält sich in Grenzen und das Fahren macht einfach Spaß.


Auf Bookme.com entdecke in eine Tour in den Waitomo-Höhlen, die für zahlreiche Glühwürmchen bekannt sind, zu einem guten Preis. Eigentlich wollte ich hier kein Geld ausgeben, aber der in der Waitomo Gegend aufgewachsene Busfahrer vom Cape Reinga empfiehlt mir wärmstens das Blackwarter-Rafting.


Zuerst seilen wir uns aus knapp 25 Metern Höhe ab und laufen dann zu Fuß in die durchflutete Höhle. Je tiefer wir kommen, desto schöner wird es. Als jeder seine Helmlampe abschaltet, strahlen die Glühwürmer an der Höhlendecke wie der Sternenhimmel in der Wüste Gobi. Tausende bläuliche Lichter umgeben uns. Diesen Anblick behalten wir auch beim "Rafting" bei, was in diesem Fall das Treiben auf Gummireifen im unterirdischen Fluss bei ausgeschalteter Lampe bedeutet. Wir quetschen uns durch enge Felsspalten, klettern über kleine Felsen und stehen bis zur Brust in eiskaltem Wasser. Zum Schluss klettern wir die Wand wieder nach oben, an der wir uns zuvor abgeseilt hatten und schaffen es gerade zum Einbruch der Dunkelheit wieder aus dem unterirdischen Höhlensystem. Eine tolle Tour, die ich jederzeit wieder machen würde!



Ich spare mir den Campingplatz, bereite mir einen Salat auf dem Supermarktparkplatz zu und stelle mein Auto vor der Hütte des Tourenveranstalters ab. In langen Klamotten wickle ich mich meinen Schlafsack ein und verbringe die Nacht auf dem zurückgeklappten Beifahrersitz meines Toyota Prius. Nicht bequem, aber günstig, und der Ausblick am

Morgen macht die unbequeme Übernachtung wieder wett: Die Sonne strahlt in tiefstem Orange als ich aufwache und überflutet die saftig grünen Hügel vor meiner Windschutzscheibe. Eine Kuhherde trottet zur Weide und im Hintergrund kräht ein Hahn, aus meinem Handy schallt Kings of Leon und ich bin glücklich.



Tongariro Crossing im Winter


Mein nächster Stopp, nach einer kleinen Runde Golf auf dem lokalen Platz in Waitomo, ist National Park. Von dort aus will ich meine Wanderung über das Tongariro Alpine Crossing starten. Die aktive Vulkangegend sieht so beeindruckend aus, dass sie Peter Jackson als Drehort für Mordor im "Herr der Ringe"-Epos diente. Im Hostel lerne ich Konrad und Omar aus Konstanz kennen und wir planen, die Wanderung gemeinsam zu machen. Allerdings macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung: -7 Grad Celsius, Regen und starker Wind, weshalb das DOC und die Polizei den Transportunternehmen verbieten, Touristen zur Wanderung zu befördern. Schweren Herzens beschließe ich, auf die Wanderung zu verzichten und fahre weiter nach Taupo.


Im Vorbeifahren sehe ich, dass das Wetter gar nicht so schlecht ist, wie angesagt und ärgere mich grün und blau. Strahlend blauer Himmel, nur der Gipfel des Mt. Tongariro ist in Wolken gehüllt.


Schon mal Herr der Ringe gesehen? Das ist der Schicksalsberg ;)

Zusammen mit Nico und Lena aus Stuttgart, die ebenfalls ein Auto haben, fahre ich dann schließlich am nächsten Tag doch zum Crossing. Mit an Board ist Jessy aus Texas, die ich in Paihia kennengelernt und in Taupo wieder getroffen habe. Durch den Luxus von zwei Autos können wir auf das 40 $ teure Shuttle verzichten und direkt mit der Wanderung starten.


Allerdings ist das Wetter deutlich schlechter, als vorhergesagt. Ich hätte doch am Vortag mit Konrad und Omar gehen sollen. Hilft aber nix, jetzt bin ich schon da.



Der Aufstieg ist nicht allzu anstrengend, lediglich in den Berg gebaute Treppen erschweren den Weg. Diese sollen den ältesten Nationalpark Neuseelands zwar zugänglicher machen, allerdings empfinde ich sie eher als unnatürliche Belastung.


Am Südkrater angelangt stelle ich fest, das mein Zwiebelprinzip zu gut anschlägt. Da meine Winterklamotten bereits entweder zu Hause oder im Besitz mongolischer Nomaden sind, musste ich umdisponieren: zwei Baumwollshirts, ein Pulli, eine Regenjacke, Trachtensocken als Handschuhersatz, zwei paar Socken und zwei Hosen. Und nein, die Lederhose habe ich an diesem Tag Gott sei Dank im Kofferraum gelassen.


Es regnet, es ist neblig, es ist eiskalt und der Wind macht alles noch schlimmer. Da ich jedoch zu viele Schichten trage, ist das untere Shirt nach kurzer Zeit mit Schweiß vollgesogen. Deshalb stehe ich kurz drauf oberkörperfrei bei -7 Grad Celsius auf dem Südkrater und wechsle das Shirt. Ein sicherlich sonderbarer Anblick für alle Passanten.


Der Aufstieg zum Red Crater ist sehr rutschig und der starke Wind bläst uns fast auf der anderen Seite wieder hinunter. Aber dann haben wir es geschafft, wir sind oben angekommen. Und - sehen nichts. Es ist zu neblig. Und zu windig, weshalb wir unmittelbar mit dem Abstieg beginnen. Die Emerald Lakes und der Blue Lake sind mit ihrem durch Mineralien türkisgefärbten Wasser eine schöne Abwechslung zur kargen Vulkanlandschaft um uns herum.


Der Abstieg zieht sich so lange, dass ich beschließe, ihn durch Joggen zu beschleunigen. Nach fünfeinhalb Stunden und 19,4 Kilometern erreiche ich den Parkplatz, dort warte ich dann noch einmal 40 Minuten auf das Eintreffen meiner Wanderkumpanen.


Manchmal lohnt es sich, einen geographischen Vorteil als Voralpen-Bewohner zu haben.



Teil 2 folgt in Kürze.



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