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  • AutorenbildChristian Langer

Sonnenbrand, Dschungel und neue Freunde - Zwei Wochen auf Bali

Ich stehe am Rollband Nummer 7 des Denpasar International Airport. Seit knapp zwei Stunden warte ich völlig entnervt, müde und verkatert auf das Eintreffen meines Rucksacks.

Nie wieder Alkohol am Vorabend eines Flugs, schwöre ich mir.


Die erste Nacht in Kuta ist angenehm. Zwar werde ich im Mallorca Australiens an jeder Ecke gefragt, ob ich nicht Magic Mushrooms, Kokain oder eine Happy-End-Massage erwerben möchte, dafür ist aber das Sechs-Bett-Zimmer komplett leer. Ein guter Start. Schließlich habe ich mich für Bali entschieden, um ein wenig Entspannung von den bisherigen Reisestrapazen zu bekommen.


Gleich am nächsten Tag fahre ich mit einem Grab, dem indonesischen Uber, nach Canggu.


Mein Hostel liegt ein wenig außerhalb und hat gutes WLAN. Deshalb ist es gefüllt mit "Digital Nomads", also Personen, die von überall auf der Welt aus arbeiten können, wie z.B. Grafikern oder meinen Berufsgenossen, dem Marketing-Gschwerl. Die Gespräche drehen sich meistens um Start-Ups, Social Media Strategien oder die besten Workspaces. Deshalb beschließe ich, meinen "Urlaub vom Urlaub" da zu genießen, was ich mir von Bali erhoffe: Strand.


Canggu ist das Surfer-Mekka Balis. Die Wellen sind hoch, der Strand zumindest in Ordnung. Ich lege mich unter einen Sonnenschirm und verbringe die nächsten vier Stunden mit Nichtstun, das kann ich.



Was ich allerdings nicht kann, ist die Äquator-nahe Sonne ertragen. Zurück im Hostel entdecke ich den wohl schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens. Mein ganzer Körper ist krebsrot und schmerzt. Das verringert meine Strand-Zeit in den nächsten zwei Wochen dramatisch und ich fahre deshalb in den Dschungel Balis, nach Ubud.


Gute Freunde und ein Mord


Die einstige Hippie- und Yoga-Hochburg ist zum Ziel des europäischen Massentourismus geworden. Stört mich aber nicht, denn ich teile mein Zimmer mit Felix aus Schweden. Er ist ebenfalls Musiker, trinkt gern und hat eine ähnliche Weltansicht wie ich. Wir verbringen den Abend mit Jammen und zahlreichen Bintang Bieren. Ihm gefällt die Ledrhose so sehr, dass er sie gleich anprobieren will.



Ein schwedischer Metaller in Lederhosen!


Morgens werde ich wach, da Felix unter Tränen aus dem Zimmer stürmt. Er war vor einigen Jahren mit der großen Liebe seines Lebens zusammen, einer Wissenschaftlerin aus den USA. Trotz Trennung liebt Felix sie noch immer und ihre gemeinsame Geschichte ist Kino-reif: Sie haben sich in Venedig kennengelernt, er ist ihr nach Istanbul hinterhergereist und hatte mit ihr die Zeit seines Lebens. Und auch nach Jahren standen sie immer noch regelmäßig in Kontakt. Felix wollte nach dem Beenden seines Studiums zu ihr zurück.


Da er länger nichts von ihr gehört hatte, googelte er ihren Namen. Was er fand, war ein Zeitungsartikel über ihren Tod, erschossen von ihrem Freund. Die große Liebe, der Traum von der gemeinsamen Zukunft - alles endete an diesem Samstagmorgen in Ubud. Der strahlende Sonnenschein und das Vogelzwitschern passt so gar nicht in diese Situation.


Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, gehen die Amerikanerin Dana, Sinja aus Deutschland und ich mit Felix in den Monkey Forest. Auf einmal sieht es wirklich nach Dschungel aus, zahlreiche Affen springen über alte Tempelanlagen und klauen unvorsichtigen Touristen Snacks aus den Taschen. Das lenkt ab. Danach gibt es noch ein gemeinsames Abendessen und Felix und ich quatschen bis in die späten Abendstunden.


Sinja, Felix und Dana im Monkey Forest in Ubud.

Ich habe das Gefühl, dass diese Begegnung nicht wie alle anderen völlig bedeutungslos ist. Nicht nur oberflächlicher Smalltalk und sinnloser Austausch von Reiseroute etc. Mit Felix habe ich einen neuen Freund gewonnen, das Erlebte schweißt zusammen.


Am Tag darauf besuchen wir den Mount Batur, einen von zwei Vulkanen auf Bali. Um zwei Uhr nachts holt uns ein Shuttle ab, damit wir vom Gipfel aus den Sonnenaufgang beobachten können. Wir sind jedoch nicht die Einzigen mit diesem Plan: Bis zum Gipfel bildet sich eine kilometerlange Schlange, sodass wir während dem Aufstieg mehrmals stehen bleiben müssen, da jemand irgendwo vor uns Pause macht. Auch der Sonnenaufgang ist aufgrund von Nebel nicht zu sehen, dafür jedoch wieder Äffchen.


Ich bin mir fast sicher, der erste zu sein, der in Lederhose auf dem Gipfel eines Vulkans steht, während ein Affe auf der Schulter rumturnt. Been there done that.


Ein Bayer in Lederhosen mit Sonnenbrand und Äffchen auf einem Vulkan.

Beim Abstieg erwischt uns ein kalter Regenschauer, der das Wandern deutlich unangenehmer macht. Dafür halten wir bei der Rückfahrt noch unangekündigt auf einer Kaffeplantage. Dort führt man uns herum und will uns Souvenirs verkaufen, im wahrsten Sinne des Wortes also eine Kaffeefahrt.


Das besondere ist jedoch, das hier der Kopi Luwak produziert. Der wohl exklusivste Kaffee der Welt ist deshalb so teuer, da er aus den Ausscheidungen des Fleckenmusangs, einer lokalen Schleichkatze, gewonnen wird. Die halbverdauten Bohnen werden gereinigt, geröstet und anschließend für viel Geld verkauft. Geschmacklich ist der Mehrpreis aber nicht zu merken.



Zusammen mit den beiden Holländern Wouder und Jerouen fahre ich anschließend nach Nusa Penida, einer kleinen Insel im Südwesten Balis. Ich erhoffe mir eine Auszeit vom überbordenden Tourismus und bekomme genau das. Im Vergleich zu Bali oder den Gili Inseln verirren sich nur wenige Urlauber auf die Insel und ich bekomme die Ruhe, die ich mir gewünscht hab. Der 15 Euro teure Bungalow mit riesigem Doppelbett hilft dabei.

Per Roller erkunden wir die Insel, vor allem der Osten ist der Wahnsinn. Tempel in Höhlen, Traumstrände, Spektakuläre Buchten, kleine Bergfahrten und Urwald-Feeling machen Nusa Penida zu einem der schönsten Orte, an denen ich jemals war. Allein die Fahrt auf dem Mietroller war die Anreise wert.



Mein Gastgeber nimmt mich außerdem mit zum Fischen: Mit selbstgebauten Angeln aus Bambus und Würmern aus dem Sand steigen er, seine Söhne und ich ins Meer. Ich verfluche es, dass ich meine Badeschlappen aus Gewichtsgründen in China gelassen habe. Der Meeresboden an diesem Strandabschnitt ist voller Korallen und jeder Schritt wie ein kleiner Skalpellschnitt in die Fußsohle. Die beiden Sechs- und Achtjährigen lachen laut über den fluchenden Deutschen, der bei jedem zweiten Schritt umfällt.




Trotzdem bin ich der Erste, dem etwas an die Leine geht. Ein Handflächen-großer Fisch, so bunt und schön, dass er bei uns höchstens im Aquarium landen würde, hängt an meiner Angel. Mein erster Fisch, dabei soll es jedoch dann auch bleiben. Mein Gastgeber fängt drei, seine Jungs keine Fische. Zu wenig leider für das Abendessen, aber das Gefühl im Meer zu Angeln, während sich die rote Abendsonne um mich herum im kristallklaren Wasser spiegelt ist das schönste, das ich aus Bali mitnehme.


Ärger in Canggu


Ich fahre wieder nach Canggu, um dort Surfen auszuprobieren. Das wünsche ich mir seit Kindertagen, damals dachte ich, in meinem jetzigen Alter im Wetsuit, braungebrannt und mit blonden Haarspitzen die Wellen der Welt unsicher zu machen. Ein utopischer Gedanke, wie sich bei meiner ersten Surfstunde zeigt. Ich schaffe es nicht einmal, länger als drei Sekunden auf dem Board zu stehen. Ausgelaugt und dehydriert verwerfe ich den Plan, Surfen zu lernen. Was ich jedoch entdecke sind kleine Bisse auf meinem Torso. Shit! Bettwanzen.


Die Nacht zuvor hatte es gejuckt, ich dachte jedoch, es wäre der Sonnenbrand. Hilft ja nichts, allerdings muss mein komplettes Klamotten-Inventar in die Wäsche. Ich hatte am Vortag bereits etwas aufgegeben und warte nun nur in nasser Badehose auf wenigstens ein Oberteil.


Sechs langweilige Stunden später habe ich zumindest ein T-Shirt und eine Boxershort, sodass ich meine Lederhose anziehen und das Hostel verlassen kann. Beim Versuch einen von der Wäscherei zum Trocknen eingenähten Faden herauszureissen, zerstöre ich den Kragen meines Shirts und jemand hat mir in meiner Abwesenheit 1.000.000 IDR, also knapp 130 Euro, geklaut. Kurz darauf erfahre ich, dass ich länger in Canggu bleiben muss, da meine Wäsche noch einen Tag länger benötigt. Alle weiteren Pläne werden verworfen und bereits gebuchte Hostels storniert.


Dafür treffe ich jedoch Valentina aus Utrecht. Sie ist mein weibliches Equivalent, denn sie ist ebenso lange wie ich in einer Beziehung, mag die selben Serien, Filme, ihre Playlist hat die selben Songs wie meine und so weiter. Sogar ungewöhnliche Eigenschaften wie die, dass ich bei Subway noch nie etwas anderes als Chicken Teriyaki mit Frischkäse bestellt habe, teilt sie. Ich nehme sie mit zu dem Massagesalon, in dem ich am Vortag eine unglaublich gute Rückenmassage bekommen habe. Sie hat ein wenig Angst, denn sie war noch nie bei der Massage.


Mein Pech bleibt mir treu: Zuerst müssen wir eine Stunde warten, dann wollen sie uns in eine Paar-Massage stecken, daraufhin warten wir erneut eine halbe Stunde bis jeder sein eigenes Zimmer bekommt. Während Valentina die kraftvolle Rückenmassage erhält, die ich mir gewünscht hätte, steht neben mir ein junger Indonesier, der unangemessen zärtlich meinen Rücken bearbeitet. Wir sind beide frustriert und begegnen dem Ganzen mit Alkohol. Ich trinke zu viel im Urlaub und mute meinem sonst sehr an-alkoholischen Magen eine Menge zu, aber noch hält er stand.


Ich verabschiede mich mit dem Versprechen, Valentina und ihren Freund bald in den Niederlanden zu besuchen. Meinen letzten Tag verbringe ich erneut in Kuta, diesmal aber Gott sei Dank in einem Viertel, in dem nur wenige Touristen zu finden sind. Ein (missglückter) Haarschnitt für vier Euro und ein tolles Abendessen in einem kleinen Warung sind mein persönlicher Abschluss für Bali.


Zumindest bis ich eine Gruppe Backpacker kennen lerne und wir die Nacht zum Tag machen. Betrunken komme ich gegen 3 Uhr Nachts ins Bett, muss jedoch noch das Wippen ebenjenes ertragen, da ein Engländer unter mir noch etwas mehr Spaß mit einer ebenso alkoholisierten Hostelbewohnerin hat.


Um 5 Uhr morgens werde ich erneut von einem Engländer geweckt, einem anderen jedoch, da dieser seine Lebensmittelvergiftung an den sanitären Einrichtungen auslässt. Zwei Stunden später geht der Wecker und ich muss los zum Flughafen.


Zwei Flüge und mehrere Stunden Layover in Melbourne stehen mir bevor. Verkatert stehe ich am Check-In Schalter des Denpasar International Airport in Bali.


Nie wieder Alkohol am Vorabend eines Flugs, schwöre ich mir.



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